Pressemitteilungen 2015
Barrieren im Versorgungssystem müssen abgebaut werden
In Deutschland leben mittlerweile 15.7 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund, die Zahl der Asylanträge stieg 2014 um fast 60% auf 202.834 Anträge.
Verschiedene Studien1 zeigen, dass in dieser Bevölkerungsgruppe seelische Erkrankungen und Störungen signifikant häufiger auftreten als in der deutschen Bevölkerung. Gleichzeitig sind die Betroffenen hinsichtlich Versorgung und auch Stigmatisierung in einer fremden Gesellschaft in einer besonders schwierigen Situation.
Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit mit seinen rund 80 Mitgliedsorganisationen und Initiativen aus der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung setzt sich dafür ein, die Stigmatisierung und Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen - unabhängig von ihrer Herkunft oder Nationalität - abzubauen. Unter besonderen Bedingungen wie Asylverfahren, Isolation, soziale Brennpunkte, Bildungsferne, Armut und traumatischen Erlebnissen ist der Weg zu einer Behandlung oder Therapie für die Betroffenen oftmals erschwert. Der gleichberechtigte Zugang zum Versorgungssystem muss gewährleistet sein, informationsbedingte, kulturelle und kommunikative Barrieren müssen abgebaut werden.
Aufgrund der Globalisierung, steigender Mobilität und den damit verbundenen
gesellschaftlichen Veränderungsprozessen nehmen zunehmend Menschen aus
verschiedenen Herkunftsländern das hiesige Gesundheitssystem in Anspruch. Um
Barrieren zum und im Versorgungssystem zu reduzieren, ist gerade bei psychisch
erkrankten Menschen ein sensibler Umgang mit den verschiedenen soziokulturellen
Hintergründen und ihrer Haltung zu psychischen Erkrankungen unabdingbar.
Interkulturelle Kompetenzen und insbesondere Angebote in Heimatsprachen sind
deshalb unbedingt zu fördern
, fordert Dr. Iris Hauth, Präsidentin der
Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und
Nervenheilkunde (DGPPN) zum Thema Perspektiven der Migrationspsychiatrie in
Deutschland.
Flüchtlinge und Asylsuchende erhalten derzeit in Deutschland keine
angemessene Behandlung, wenn sie psychisch erkranken. Die
Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) fordert deshalb anlässlich der Beratungen
zum Asylbewerberleistungsgesetz im Deutschen Bundestag, Flüchtlingen und
Asylsuchenden eine Krankenbehandlung zu ermöglichen, wie sie in der
gesetzlichen Krankenversicherung festgelegt ist. Flüchtlinge und
Asylbewerber leiden häufig unter schweren psychischen Erkrankungen. Eine
Psychotherapie wird ihnen jedoch in den meisten Fällen nicht oder erst nach
langen Wartezeiten gewährt
, stellt BPtK-Präsident Prof. Dr. Rainer Richter
fest. Es ist unmenschlich, Flüchtlingen eine wirksame Behandlung ihrer
psychischen Erkrankung zu verweigern.
Viele der Bündnismitglieder im Aktionsbündnis Seelische Gesundheit bieten
ihre Informations-materialien oder Internetangebote in mehreren Sprachen an. So
die BPtK oder auch der Bundesverband der Angehörigen psychisch Kranker (BApK)
mit ihren Broschüren Wege zur Psychotherapie
in türkischer und Psychisch
krank. Und jetzt?
in türkischer und russischer Sprache. In knapper Form wird
hier ein Einblick in die wichtigsten Themen für Familien mit psychisch kranken
Menschen gegeben, so dass Angehörige sich auf dieser Basis bei anderen Stellen
weitergehend informieren können. www.psychiatrie.de/bapk/publikationen/
In Berlin als Ballungsraum steht allen Bürgern vom Landesbeauftragten für
Psychiatrie der Wegweiser Psychiatrie in Berlin
(7. Auflage) in acht
Sprachen zur Verfügung und bietet einen Überblick über das Angebot
psychiatrischer und psychotherapeutischer Hilfen im Land Berlin.
www.berlin.de/lb/psychiatrie/ueber-uns/veroeffentlichungen/psychiatrie-in-berlin/
Weitere überregionale Hilfestellungen in verschiedenen Sprachen stellt der
Dachverband der transkulturellen Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik
im deutschsprachigen Raum e.V. (DTPPP) in seinem Onlineangebot zur Verfügung.
www.transkulturellepsychiatrie.de
1 Wohlfahrt & Zaumseil 2006; Assion 2005; Koch et al. 2008; Schouler-Ocak & Haasen 2008, Veling et al 2008; Igel et al. 2010
Download: pm15-01-barrieren-im-versorgungssystem.pdf (135.33 KB)
Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ist eine bundesweite Initiative, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit. Zu den rund 80 Mitgliedsorganisationen zählen die Selbsthilfeverbände der Betroffenen und Angehörigen von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie Verbände aus den Bereichen Psychiatrie, Gesundheitsförderung und Politik. Gemeinsam setzen wir uns für einen offenen und toleranten Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen und den Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung in der der Gesellschaft ein. Initiiert wurde das Bündnis 2006 von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) gemeinsam mit Open the doors als Partner des internationalen Antistigma-Programms.
Aktionsbündnis Seelische Gesundheit
Astrid Ramge
Projektkoordination