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Reden hilft

Leider wahr: Menschen mit psychischen Erkrankungen werden auch heute zum Teil noch immer ausgegrenzt und nehmen nicht gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teil. Das Stigma belastet die Betroffenen selbst sowie ihre Angehörigen.

Betroffene begeben sich aus Scham oder Angst vor Ausgrenzung oftmals gar nicht erst in Behandlung und das Risiko, dass die Erkrankung chronisch wird, steigt.

 

Damit dieser Teufelskreis durchbrochen wird, dürfen psychische Erkrankungen kein Tabuthema mehr sein! Dafür setzt sich das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ein.

Darum geht's

  • Stigmatisierung

    Menschen, die an Schizophrenie erkrankt sind, werden häufig pauschal als gewalttätig und unberechenbar eingestuft. Menschen mit Depressionen oder einer Suchterkrankung hören oft, ihnen fehle nur die nötige Selbstdisziplin. Dies sind nur zwei Beispiele für Vorurteile gegenüber Menschen mit psychischen Erkrankungen.

     

    Die Betroffenen sehen sich aufgrund ihrer Krankheit mit einem negativen Stereotyp konfrontiert. Sie müssen häufig erfahren, wie sich Menschen aufgrund ihrer Erkrankung von ihnen abwenden oder wie ihnen Lebenschancen genommen werden. Menschen mit psychischen Erkrankungen werden vielfach aus unserer Gesellschaft ausgegrenzt.

     

    Diesen Prozess nennt man in der Fachsprache Stigmatisierung. Das Stigma, das einer psychischen Erkrankung angelastet wird, erweist sich für die Betroffenen als schwerwiegende zusätzliche Belastung. Stigmatisierung gilt daher auch als „zweite Krankheit”. Sie kann nicht nur den Heilungsprozess behindern, sondern häufig auch eine frühzeitige Diagnose und Behandlung. Denn aufgrund der negativen Attribute, die mit psychischen Erkrankungen verbunden werden, gehe viele Betroffene nicht oder erst spät zum Arzt, um die Diagnose „psychisch krank” zu vermeiden. Die Ausgrenzung und Diskriminierung psychisch erkrankter Menschen erfolgt auf unterschiedlichen Ebenen: Im Rahmen zwischenmenschlicher Beziehungen, am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft, durch die Politik, private Versicherungsanbieter oder allein durch eine diskriminierende Darstellung seelisch erkrankter Menschen in den Medien.

     

    Die Ausgrenzung findet dabei nicht immer in offener Ablehnung und Benachteiligung statt, sondern auch verdeckt und schleichend. Betroffen sind dabei nicht nur die Kranken selbst, sondern häufig auch ihre Angehörigen. Sie erfahren ebenfalls Ablehnung oder müssen die Ausgrenzung der ihnen Nahe stehenden Menschen miterleben.

     

    Für die Betroffenen bedeuten die negativen Reaktionen auf ihre Erkrankungen nicht zuletzt, dass ihr soziales Netz – Lebenspartner, Freundes- und Bekanntenkreis – stark belastet wird. Stigmatisierung hat noch weitere gesellschaftliche, wie wirtschaftliche Folgen für die Betroffenen: Beispielsweise sind Menschen mit psychischen Erkrankungen im besonderen Masse von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie, wie auch ihre Angehörigen, haben ein erhöhtes Armutsrisiko. Auch Obdachlosigkeit kann zu den Folgen der Stigmatisierung zählen.

  • Psychische Erkrankungen

    Was ist das eigentlich genau, die Psyche? Der Duden gibt darauf eine eindeutige Antwort: Unter Psyche versteht man die „Gesamtheit des menschlichen Fühlens, Empfindens“. Kommt dieses aus der Balance, spricht man von psychischen Störungen, nicht aber von geistiger Störung.

     

    Die WHO prägte diesen Begriff, da er im Sinne von Stigmatisierung wertneutraler ist als der Begriff der psychischen Erkrankung und daher die Betroffenen weniger belastet. Psychische Störungen können jeden treffen. Die meisten von ihnen können aber, wenn sie frühzeitig diagnostiziert werden, genauso behandelt oder geheilt werden, wie viele körperliche Leiden.

     

    In der klinischen Psychologie oder der Psychiatrie, die sich mit Krankheitsbildern von psychischen Störungen beschäftigen, werden diese anhand eines Kodex der Weltgesundheitsorganisation WHO gegliedert, um die Diagnosestellung zu ermöglichen. Dieser Kodex heißt ICD-10 (International Classification of Diseases) und klassifiziert über 500 psychische Störungen beispielsweise nach Affektivität oder Wahnhaftigkeit. Hierdurch ergeben sich auch die so genannten F-Diagnosen, die z. B. auf den Überweisungsscheinen von Psychiatern zu finden sind, und für Depression, Schizophrenie oder bipolare Störung (manisch-depressiv) stehen. Darüber hinaus gibt es auch den Codex DSM-V (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders), der in Deutschland zwar keine Anwendung findet, aber dennoch eine wichtige Rolle spielt.

     

    Psychische Erkrankungen sind heutzutage kein Einzelschicksal mehr. Fast jeder dritte Mensch leidet Schätzungen zufolge mindestens einmal im Leben an einer psychischen Erkrankung. Das macht sich auch in der Wirtschaft bemerkbar:

    • Psychische Erkrankungen sind die zweithäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit.
    • Jede zweite Frühberentung geht auf ein psychisches Leiden zurück.
    • Die direkten und indirekten Kosten, die dadurch entstehen, betragen 5 % des Bruttoinlandsprodukts.

  • Was jeder tun kann

    • Politiker können mit ihrem Handeln nicht nur gesetzliche Verbesserungen auf den Weg bringen, sie können darüber hinaus Vorbildcharakter haben.
    • Journalisten sind in der Lage, durch eine differenzierte und ausgewogene Berichterstattung zu mehr Verständnis, Offenheit und vor allem Sachlichkeit gegenüber Betroffenen beizutragen.
    • Arbeitskollegen verbringen viel Zeit miteinander; sie erkennen frühzeitig, wenn sich der andere schwer tut oder verändert. Sie können darauf eingehen und Hilfe anbieten.
    • Arbeitgeber können eine Arbeitsatmosphäre fördern, die zu weniger seelischen Belastungen und Stress für die Mitarbeiter führt.
    • Lehrer unterrichten Jugendliche nicht nur in Mathematik und Englisch, sie haben auch großen Einfluss darauf, wie Schüler mit vermeintlich „Schwachen“ umgehen. Sie sehen Veränderungen bei den Jugendlichen und können Hilfe anbieten.
    • Allgemeinmediziner können in ihren Praxen Informationsmaterial auslegen und ihre Patienten im Verdachtsfall auf die Möglichkeit einer psychischen Erkrankung ansprechen.
    • Schüler, Studierende und Auszubildende können im Umgang miteinander vorsichtig sein und eine Person, die an einer psychischen Störung erkrankt ist, unterstützen.
    • Eltern können Sorge dafür tragen, dass ihre Kinder, sollten sie an einer psychischen Störung leiden, ärztlich betreut werden und sich gut über die Krankheit des Kindes informieren.
    • Kinder psychisch erkrankter Eltern können sich gut über die Situation ihrer Eltern informieren und versuchen, einen gesunden Abstand dazu zu gewinnen aus dem heraus sie die Eltern unterstützen können.
    • Alle Menschen können darauf achten, welche Medien sie konsumieren und wie das Bild von psychisch Erkrankten dort dargestellt wird. Im Falle von stigmatisierender Berichterstattung kann man den entsprechenden Sender oder die entsprechende Zeitung meiden. Außerdem ist generell ein respektvoller und aufmerksamer Umgang mit psychisch erkrankten Menschen wünschenswert, wozu auch gehört, selbst eine Beratungsstelle aufzusuchen oder einer nahestehenden Person zu helfen, psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen.