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Suchterkrankungen

 

Der Konsum von Substanzen wie Alkohol und Tabak gilt als gesellschaftsfähig. Doch manche Menschen fühlen sich ohne tägliches Bier und Zigaretten nicht mehr wohl. Sie werden süchtig. Zum Teil kann bereits der einmalige Konsum der erste Schritt in eine Abhängigkeit sein. Eine Suchterkrankung bzw. ein Abhängigkeitssyndrom ist eine ernsthafte Erkrankung und abzugrenzen von „schädlichem Gebrauch“. Sie liegt dann vor, wenn im Laufe der letzten 12 Monate mindestens drei der folgenden sechs Kriterien erfüllt wurden:

 

  • starkes, unwiderstehliches Verlangen, ein bestimmtes Rauschmittel zu konsumieren
  • verminderte Kontrollfähigkeit über Menge, Zeitpunkt und Dauer der Zufuhr
  • körperliche Entzugserscheinungen
  • stetige Dosissteigerung aufgrund der Toleranzentwicklung
  • wachsender Interessenverlust und zunehmende Bedeutung der Substanzbeschaffung bzw. Erholung vom Konsum der Substanz
  • anhaltender Konsum trotz nachweisbarer schädlicher gesundheitlicher oder sozialer Folgen

 

Suchtpotenzial besitzen nicht nur Substanzen wie Alkohol, Nikotin oder Koffein, sondern auch bestimmte Beruhigungs- und Schlafmittel wie Benzodiazepine oder Barbiturate, flüchtige Lösungsmittel und Drogen wie Cannabis, Ecstasy, Kokain und Heroin. Neben den stoffgebundenen Süchten gibt es auch nicht-stoffgebundene Abhängigkeiten, die Verhaltensauffälligkeiten darstellen und keine körperlichen Anzeichen für Abhängigkeit aufweisen. Hierzu zählen Glücksspiel-, Computerspiel-, Internet-, Arbeits- und Sexsucht. Die folgenden Beschreibungen beziehen sich auf substanzgebundene Abhängigkeiten: Süchte gelten immer noch als Tabuthema, sind jedoch weit verbreitet. Nach aktuellen Schätzungen sind hierzulande etwa 23 Prozent der erwachsenen Bevölkerung Raucher, 4 Prozent sind alkoholabhängig und 1,5 bis 1,9 Prozent medikamentenabhängig. Ca. 1 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ist drogenabhängig.

 

Sucht ist keine Charakterschwäche, sondern eine Erkrankung, die im Gehirn nachgewiesen werden kann und auf einer Fehlsteuerung des Belohnungssystems basiert. Der Konsum des Suchtmittels aktiviert Botenstoffe, die beim Abhängigen kurzfristig Wohlbefinden oder Euphorie auslösen. Das Gehirn lernt relativ schnell, das Suchtmittel als positiven Reiz wahrzunehmen. Fehlt dieser Reiz, empfindet es dies als Belohnungsdefizit. Dadurch entsteht ein unkontrollierter Wunsch nach dem Suchtmittel. Die Folge ist ein regelrechter Teufelskreis aus körperlicher und psychischer Abhängigkeit, aus dem ohne professionelle Hilfe nur schwer zu entkommen ist.

 

Glücklicherweise gibt es heutzutage verschiedene Möglichkeiten, die Suchterkrankung zu behandeln. Entscheidend ist, dass sich Betroffene und Angehörige möglichst frühzeitig Unterstützung suchen. Wichtige Ansprechpartner sind neben Hausärzten Suchtambulanzen und Selbsthilfegruppen.

Diagnostik und Symptome

  • Je nach Substanz und Abhängigkeitsmuster gibt es verschieden stark ausgeprägte Symptome.

    Eine Sucht ist nach außen hin nur schwer zu erkennen, da Betroffene dazu neigen, ihre Abhängigkeit zu verschweigen, zu vertuschen oder zu bagatellisieren. Dadurch führen sie oft ein regelrechtes Doppelleben. Je nach Substanz und Abhängigkeitsmuster gibt es verschieden stark ausgeprägte Symptome:

     

    Psychische Symptome: Mit zunehmendem Substanzkonsum verliert der Betroffene allmählich die Kontrolle über Zeitpunkt und Menge des Suchtmittel-Konsums. Es entsteht ein unausweichliches Verlangen (craving), während der Substanzkonsum für bestimmte Situationen oder Stimmungen an Bedeutung gewinnt. Nach außen hin fallen Suchtkranke oft durch Veränderungen ihrer Persönlichkeit, starke Stimmungsschwankungen, abweisendes Verhalten, zunehmendes Desinteresse oder Leistungsschwäche und Unkonzentriertheit auf. Trotz schädlicher Folgen für Gesundheit, Sozialleben und/oder Beruf, können Betroffene ihren Konsum nicht einstellen oder kontrollieren.

     

    Körperliche Symptome: Die körperliche Abhängigkeit macht sich insbesondere durch Entzugserscheinungen bemerkbar, wenn der Suchtkranke versucht, das Mittel abzusetzen oder zu reduzieren. Häufige Symptome sind Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten, depressive Verstimmungen, Gewichtsverlust, Schweißausbrüche, Kreislaufprobleme, Herzrasen und neurologische Ausfälle wie Gleichgewichtsstörungen, unkontrolliertes Zittern oder Krampfanfälle.

     

    Für die Diagnostik wird der Arzt im Rahmen der Anamnese neben Häufigkeit, Dauer und Muster des Konsums auch nach Symptomen, früheren Erkrankungen und der Krankengeschichte in der Familie fragen. Dazu erfolgt eine körperliche Untersuchung, je nach Substanz werden relevante Laborwerte und bildgebende Verfahren zur Diagnosestellung hinzugezogen.

     

Behandlung

  • Die Therapie erfolgt angepasst an die Art der Suchterkrankung, das Stadium und die Schwere der Abhängigkeit.

    In der Regel verläuft die Behandlung in mehreren Phasen. Auf eine (ambulante) Kontakt- und Motivationsphase folgen die stationäre oder ambulante Entgiftungsphase beziehungsweise der körperliche Entzug und eine Entwöhnungsbehandlung. Den Anschluss bilden die Nachsorge- und Rehabilitationsphase.

     

    Die Therapie zielt vor allem auf eine absolute Enthaltsamkeit (Abstinenz) ab, wobei auch ein reduzierter Konsum ein wichtiges Teilziel darstellen kann. Allerdings kommt nicht jeder Patient mit einem kontrollierten Gebrauch des Suchtmittels, wie z. B. einer Methadoneinnahme, zurecht. Bei bestimmten Suchterkrankungen kann auch die Behandlung mit einem Ersatzwirkstoff in Frage kommen.

     

    Eine Herausforderung in der Therapie von Suchterkrankungen besteht zunächst darin, die Betroffenen zu Behandlung und unterstützenden Maßnahmen zu motivieren. Aus diesem Grund spielt ein niedrigschwelliger Zugang zu Beratungsstellen, Fachkliniken und Selbsthilfegruppen eine wichtige Rolle. Auch Vertrauenspersonen wie Angehörige oder der Hausarzt sind bedeutsam für den Therapieerfolg.

     

    Nicht zuletzt können auch eine langfristige psychotherapeutische Betreuung und Begleitung des Patienten hilfreich sein. Im Rahmen der Therapie erlernt der Patient alternative Strategien für den Umgang mit und die Bewältigung von Problemen und Konflikten mit dem Ziel, etwaige Rückfälle in Stresssituationen und persönlichen Krisen zu verhindern.