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Schizophrenie

 

„Das ist schizophren“: Umgangssprachlich steht diese Aussage für widersprüchlich, absurd oder unsinnig. Diese Eigenschaften beschreiben das komplexe Krankheitsbild der Schizophrenie jedoch nur unzureichend.

Schizophrene Störungen zeichnen sich durch grundlegende und charakteristische Störungen von Denken und Wahrnehmung und einer veränderten Gefühlswelt aus. Betroffene verhalten sich zwar für andere Menschen oft „unsinnig“. Dies ist jedoch nicht auf mangelnde Intelligenz oder eine gespaltene Persönlichkeit der Betroffenen zurückzuführen, sondern das Ergebnis von Fehlwahrnehmungen und Fehlinterpretationen ihrer Umwelt.

Die Schizophrenie gehört zu den Psychosen. Als Psychosen gelten verschiedene Krankheitsbilder, die mit Realitätsverlust, Wahnvorstellungen, Störungen des Denkens, der Sprache und der Gefühlswelt einhergehen.

Eine Schizophrenie ist eine besonders schwerwiegende psychische Erkrankung, unter der hierzulande etwa 400.000 Menschen leiden. Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen. Meist bricht die Erkrankung zwischen dem 15. und 35. Lebensjahr aus, bei Männern wird sie etwa 3-4 Jahre früher diagnostiziert als bei Frauen. Dass eine Schizophrenie erst nach dem 40. Lebensjahr auftritt, ist eher selten.

Die genauen Ursachen der Schizophrenie sind bis heute nicht vollständig geklärt. Neben der Genetik – Familienangehörige von Betroffenen haben ein höheres Erkrankungsrisiko – spielen bei der Entstehung wahrscheinlich mehrere Faktoren eine Rolle, darunter das psychosoziale Umfeld und biographische Faktoren. Vermutet wird zudem, dass Patienten mit einer Schizophrenie empfindsamer auf Innen- und Außenreize reagieren und eine besondere Verletzlichkeit gegenüber Belastungen mitbringen. Neben anderen Risikofaktoren und Stressoren kann auch der Konsum von Cannabis zur Entstehung einer Schizophrenie beitragen.

Für die Betroffenen und ihr soziales Umfeld bedeutet die Erkrankung eine enorme Belastung, wenn sie nicht frühzeitig erkannt und behandelt wird. Glücklicherweise gibt es zahlreiche wirksame Behandlungsansätze, die Patienten und ihren Angehörigen den Umgang mit der Erkrankung erleichtern und die Lebensqualität verbessern können.

Diagnostik und Symptome

  • Erste Warnzeichen können sich bereits Monate oder sogar Jahre vor dem Auftreten einer akuten Schizophrenie zeigen.

    Die Schizophrenie ist ein komplexes Krankheitsbild mit vielfältigen Symptomen, das individuell sehr unterschiedlich verlaufen kann. Erste Warnzeichen können sich bereits Monate oder sogar Jahre vor dem Auftreten einer akuten Schizophrenie zeigen. Oft sind sie allerdings so unspezifisch, dass sie nicht mit der psychischen Erkrankung in Verbindung gebracht werden. Hierzu zählen:

     

    • Lustlosigkeit, Antriebsstörungen
    • Schlafstörungen
    • gedrückte Stimmung
    • Anspannung, Nervosität, Ruhelosigkeit
    • Konzentrationsmangel
    • Reizbarkeit und Empfindlichkeit gegenüber Licht und Geräuschen

     

    Mediziner unterscheiden zwischen der akuten und der chronischen Krankheitsphase. Charakteristisch für die akute Schizophrenie sind sogenannte Positiv-Symptome. Das sind Symptome, die beim gesunden Menschen nicht vorkommen, wie etwa Stimmenhören und Verfolgungswahn. Dagegen überwiegt in der chronischen Krankheitsphase die Negativ- oder Minus-Symptomatik. Hiermit sind Einschränkungen bestimmter psychischer Funktionen und Emotionalität gemeint, die im gesunden Zustand vollständig vorhanden und im Krankheitszustand geringer ausgeprägt sind. Hierzu zählen beispielsweise sozialer Rückzug, Interessenlosigkeit, Verarmung des Sprechens und des Gefühlsausdrucks sowie Antriebsschwäche.

     

    Folgende Krankheitsanzeichen können im Rahmen einer Schizophrenie auftreten:

     

    Ich-Störung: Bei Betroffenen verschwimmt die Grenze zwischen der Umwelt und der eigenen Person. Dadurch erleben sie sich selbst und ihre Umwelt als unwirklich und fremd.

     

    Störungen emotionaler Regungen (gestörte Affektivität): Häufig schwankt die Gemütslage. In akuten Phasen kann es zu starker Angst oder niedergedrückter Stimmung kommen. Chronisch Kranke zeigen oft eine gleichgültige Gefühlslage und eine innere Leere.

     

    Kognitive Störungen: Ein wichtiges und oft stark ausgeprägtes Krankheitszeichen bei den meisten Schizophrenie-Betroffenen sind kognitive Beeinträchtigungen in Bezug auf Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis.

     

    Denk- und Sprachstörungen: Denken und Sprechen wirken zerfahren, zusammenhangslos, unlogisch, skurril und unverständlich. Oft reden Betroffene besonders schnell oder langsam, bringen den Satzbau durcheinander oder verwenden erfundene Wörter. Mitunter passen ihre Äußerungen nicht zum Thema.

     

    Wahnvorstellungen: Hierbei handelt es sich um krankhafte falsche Vorstellungen, die von der Realität abweichen. Betroffene empfinden diese jedoch als Realität und halten unbeirrbar daran fest. Dies kann sich z. B. in Verfolgungswahn, Vergiftungswahn, hypochondrischem Wahn oder Größenwahn äußern.

     

    Halluzinationen: Der Betroffene nimmt Dinge wahr, die in der Wirklichkeit nicht vorhanden sind. Typisch sind vor allem akustische Halluzinationen wie das Hören von Stimmen oder Wahrnehmen des eigenen Denkens in Form von Gedankenlautwerden. Es können aber auch Wahrnehmungsstörungen im Bereich der Berührung oder optische Halluzinationen auftreten.

     

    Auffälligkeiten der Psychomotorik (katatone Symptome): Aktivität, Spontanität und Initiative sind gemindert. Auch emotionale Reaktionsfähigkeit und die Kommunikationsfähigkeit lassen nach. Der Patient kann zudem völlig bewegungs- und reaktionslos sein. Umgekehrt zeigen Betroffene mitunter auch eine starke motorische Erregung mit stereotypen Bewegungsabläufen bis hin zu zielloser Aggressivität.

     

    Aufgrund der unterschiedlichsten Erscheinungsformen und unspezifischen Symptome im Anfangsstadium ist die Schizophrenie nur mit einer umfangreichen Diagnostik feststellbar. Daher wird der Arzt die Anzeichen genau hinterfragen. Für die Diagnose Schizophrenie müssen die psychotischen Störungen mindestens seit einem Monat bestehen. Notwendig ist zudem eine umfassende körperliche und neurologische Untersuchung, um eine mögliche Hirnerkrankung als Ursache für die Symptome auszuschließen. Bei Anzeichen von Wahn und Halluzinationen ist es zudem wichtig, den Konsum von Drogen als Ursache auszuschließen. Bei ausgeprägter Negativ-Symptomatik, wie Sprachverarmung, Antriebsschwäche, Lust- und Interessenlosigkeit sollte unter anderem untersucht werden, ob eine Depression vorliegt.

Behandlung

  • Eine Schizophrenie ist nicht immer heilbar, lässt sich aber gut behandeln.

    In vielen Fällen ist anfangs eine stationäre Therapie erforderlich. Später genügt oft eine ambulante Weiterbetreuung. Die Therapie einer Schizophrenie sollte individuell auf den Patienten zugeschnitten sein und baut auf mehreren Behandlungsbausteinen auf:

     

    Medikamentöse Behandlung: Vor allem in akuten psychotischen Phasen ist die Gabe eines Antipsychotikums (früher auch als „Neuroleptikum“ bezeichnet) sinnvoll. Diese Medikamente beeinflussen den Stoffwechsel von Gehirn-Botenstoffen wie Dopamin oder Serotonin in bestimmten Gehirnregionen. Dadurch unterdrücken sie vor allem psychotische Positiv-Symptome wie Halluzinationen, Wahn und Denkzerfahrenheit und lindern zudem die Aufnahme von Innen- und Außenreizen. Heutzutage kommen häufig atypische Antipsychotika der zweiten Generation zum Einsatz. Hierzu zählen Wirkstoffe wie Risperidon, Clozapin, Olanzapin, Amisulprid, Quetiapin, Ziprasidon oder Aripiprazol. Diese weisen im Gegensatz zu vielen herkömmlichen Antipsychotika weniger Nebenwirkungen auf die Körpermotorik auf. Eine Besserung der Symptome durch Antipsychotika setzt meist erst nach einigen Wochen ein. Häufig werden diese Medikamente auch langfristig zur Verhinderung von Rückfällen verwendet.

     

    Psychotherapie: Die pharmakologische Behandlung kann den Grundstein für eine psychotherapeutische Behandlung der Schizophrenie legen. Wesentliches Ziel der Psychotherapie ist es, die Krankheit zu verarbeiten, Lebensprobleme zu meistern sowie die Wirklichkeit zu erkennen und zu bewältigen. Wichtig ist auch eine Psychoedukation, in der Wissen über die Krankheit vermittelt wird. Neben Einzeltherapie kommen auch Gruppen- und Familientherapien zum Einsatz.

     

    Psychosoziale Therapie: Zu den psychosozialen Interventionen gehören Arbeits- und Beschäftigungstherapien, eine Strukturierung des Tagesablaufs und berufsrehabilitierende Maßnahmen. Ein wichtiger Bestandteil sind auch die Einbeziehung und Aufklärung der Familie sowie des sozialen Umfelds, um zusätzlich zu unterstützen und Rückfällen vorzubeugen. Ziel ist es, die Fähigkeiten der Betroffenen für eine selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung zu aktivieren und zu fördern. Diese Zielsetzung wird auch mit dem Begriff „Empowerment“ beschrieben.

     

    Kognitive Rehabilitation: Viele Schizophrenie-Erkrankte leiden langfristig an kognitiven Einschränkungen in Bezug auf Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis und planerischem Vermögen. Diesen Defiziten kann die kognitive Rehabilitation entgegenwirken. Sie umfasst verschiedene, zum Teil computergestützte Trainingsmaßnahmen und verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Verbesserung der kognitiven Funktionen und kann auch der Krankheitseinsicht dienen.