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Posttraumatische Belastungsstörungen

 

Schwere Unfälle, Gewaltverbrechen, Naturkatastrophen, Kriege oder eine lebensbedrohliche Erkrankung: Mehr als die Hälfte aller Menschen wird mindestens einmal im Leben mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert. Manche Personen können die Erlebnisse nicht verarbeiten und reagieren darauf mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).

 

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine schwerwiegende psychische Erkrankung und mögliche Folge einer traumatischen Erfahrung. Als Trauma bezeichnet man eine oder mehrere extrem belastende Ereignisse oder außergewöhnlich bedrohliche Situationen, die eine tiefe seelische Erschütterung hervorrufen. Betroffene erleben die traumatische Situation mit großer Angst und fühlen sich schutz- und hilflos. Durch die Überforderung des angeborenen Stresssystems kann das Erlebte nicht angemessen verarbeitet werden und verursacht eine Reihe von typischen Folgebeschwerden.

 

Eine PTBS kann als verzögerte psychische Reaktion auftreten, wenn der Betroffene die Situation selbst erlebt hat, aber auch, wenn er Zeuge eines schrecklichen Ereignisses geworden ist.

 

Die Wahrscheinlichkeit, eine PTBS zu entwickeln, variiert je nach Art des Traumas: Bei absichtlich verursachten und länger andauernden bzw. wiederholten traumatischen Erlebnissen ist das Risiko besonders hoch: Nach Missbrauch oder Vergewaltigung, Gewaltverbrechen und Kriegserlebnissen erkranken bis zu einem Drittel der Betroffenen. Im Durchschnitt entwickeln etwa 10 Prozent aller traumatisierten Menschen eine PTBS. Frauen sind insgesamt häufiger betroffen als Männer.

 

Einer Posttraumatischen Belastungsstörung liegt immer mindestens ein schweres Trauma zugrunde. Auch physiologische Veränderungen im Gehirn sind an der Entstehung beteiligt, wobei die neurobiologischen Prozesse bislang noch nicht vollständig erforscht sind. Genetische Faktoren können ebenfalls einen Risikofaktor darstellen. Nicht zuletzt spielen psychosoziale Faktoren, wie fehlende soziale Unterstützung bei der Entstehung des Krankheitsbilds, eine wichtige Rolle. Eine Posttraumatische Belastungsstörung ist mit hohem Leidensdruck für die Betroffenen verbunden und kann die Lebensqualität stark einschränken. Umso wichtiger ist es, dass die Patienten möglichst frühzeitig umfassende Hilfe erhalten. In diesem Fall bestehen gute Heilungschancen.

Diagnostik und Symptome

  • Die psychischen Reaktionen können sowohl direkt nach dem traumatischen Ereignis als auch zeitlich verzögert auftreten.

    Bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung können die psychischen Reaktionen sowohl direkt nach dem traumatischen Ereignis als auch zeitlich verzögert auftreten. Mitunter vergehen Jahre oder Jahrzehnte, bis das Erlebte an die Oberfläche kommt und sich Bahn bricht.

     

    Von einer Posttraumatischen Belastungsstörung spricht man, wenn folgende Symptome über mindestens vier Wochen auftreten und die Leistungsfähigkeit in wichtigen Lebensbereichen einschränken:

     

    Wiedererleben: Typisch sind Symptome des Wiedererlebens, die sich den Betroffenen in Form von Erinnerungen an das Trauma, Flashbacks oder Alpträumen aufdrängen. Dies kann starke Gefühle wie Ängste, Anspannungen oder sogar Schmerzen hervorrufen. Oft werden schon Situationen oder Reize, die nur an das traumatische Erlebnis erinnern, als bedrohlich wahrgenommen.

     

    Vermeidung: Vermeidungssymptome bilden das Gegenstück zum Wiedererleben, treten aber meist parallel dazu auf. Betroffene vermeiden Gedanken, Gefühle, Aktivitäten, Situationen oder Personen, die im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis stehen, um sich vor schmerzhaften Erinnerungen zu schützen. Dies kann sich als emotionale Stumpfheit, Gleichgültigkeit und Teilnahmslosigkeit bemerkbar machen. Mitunter können sich Betroffene nicht mehr oder nicht vollständig an wichtige Aspekte des traumatischen Erlebnisses erinnern.

     

    Gefühl ständiger Bedrohung: Es kann vorkommen, dass die Erkrankten auch lange nach dem Ereignis eine erneute traumatische Situation fürchten. Dies zeigt sich häufig dadurch, dass Betroffene in erhöhter Alarmbereitschaft sind und ihre Umgebung permanent nach Anzeichen von Gefahren absuchen. Das Gefühl anhaltender Bedrohung führt oft zu einer vegetativen Übererregtheit. In der Folge treten Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, Schlafstörungen und Konzentrationsschwierigkeiten auf.

     

    Für die Diagnose befragt der Arzt den Patienten ausführlich zu seiner Krankengeschichte und seinen Beschwerden. Dies dient auch dazu, andere psychische Erkrankungen auszuschließen, die ebenfalls Folge einer extremen Belastungssituation sein können. Wichtig ist eine vertrauensvolle Atmosphäre zwischen Arzt und Patient, damit dieser sich öffnen kann.

Behandlung

  • Die Therapie der PTBS kann ambulant erfolgen.

    Eine frühzeitige und umfassende psychiatrisch-psychotherapeutisch Behandlung trägt wesentlich dazu bei, die Symptome der PTBS und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Etwa zwei Drittel der Patienten zeigen nach einer traumaspezifischen Behandlung eine deutliche Besserung.

     

    Die Therapie der PTBS kann ambulant erfolgen. Eine stationäre Behandlung ist z. B. dann angezeigt, wenn der Patient zusätzlich unter schweren depressiven Symptomen leidet, eine akute psychotische Störung oder akute Suizidgefahr vorliegt.

     

    Bei Posttraumatischen Belastungsstörungen kommt in erster Linie eine traumafokussierende Psychotherapie zum Einsatz. Die Therapie zielt auf die Reduktion der Symptomatik ab und darauf, dass Betroffene ihren Alltag wieder bewältigen und das traumatische Erlebnis als vergangenen und unabänderlichen Teil ihrer Lebensgeschichte akzeptieren. Folgende Therapieverfahren haben sich bei einer PTBS als besonders wirksam erwiesen:

     

    Prolonged Exposure Therapy (PE): Bei dieser Therapieform versetzt sich der Patient in seiner Vorstellung in die traumatische Situation zurück und durchlebt diese mit den dazugehörenden unangenehmen Gefühlen noch einmal. Die Patienten sollen sich anschließend Tonbandaufzeichnungen der Therapiesitzungen täglich zu Hause anhören. Dadurch nehmen die anfänglich starken emotionalen Reaktionen mit der Zeit ab.

     

    Cognitive Processing Therapy (CPT): Hier stehen die Bearbeitung und kognitive Umstrukturierung dysfunktionaler (ungünstiger) Denkmuster im Vordergrund. Dadurch können z. B. Schuld- und Schamgefühle im Zusammenhang mit dem Trauma abnehmen.

     

    EMDR-Therapie (Eye Movement Desensitization and Reprocessing): Bei dieser Methode führt der Patient unter Anleitung des Therapeuten bestimmte Augenbewegungen durch, während er sich die traumatische Situation vorstellt. Die Wirksamkeit dieser Methode ist gut bewiesen, der Wirkmechanismus ist jedoch nicht genau bekannt.

     

    Narrative Exposure Therapy (NET): Hierbei bittet der Therapeut den Patienten, seine gesamte Lebensgeschichte zu erzählen, wobei insbesondere Traumata detailliert berichtet werden. Indem sie in eine ausführliche und konsistente Lebensgeschichte eingebunden werden, können Traumata  so bearbeitet werden.

     

    Brief Eclectic Psychotherapy for PTSD (BEPP): Diese multimodale Therapieform beinhaltet fünf zentrale Elemente bzw. Phasen:

    1. Psychoedukation
    2. Imaginationsübungen
    3. Arbeit mit Erinnerungsstücken
    4. Integration
    5. Abschiedsritual

     

    Auch diese Therapie zielt darauf ab, das Trauma in die persönliche Lebensgeschichte zu integrieren und es somit hinter sich zu lassen.

    Die Psychotherapie kann durch eine medikamentöse Behandlung ergänzt werden. Infrage kommen hier vor allem Antidepressiva wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI). Zusätzlich können weitere Verfahren wie Musik-, Kunst- und Bewegungstherapie in die Behandlung integriert werden. Entspannungstechniken wie Yoga oder Autogenes Training sowie Biofeedbackverfahren können dem Patienten ebenfalls helfen, besser mit seinen Symptomen umzugehen.