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Psychosen

 

Jeder driftet einmal gedanklich in eine Phantasiewelt ab, kehrt jedoch bewusst wieder in die Realität zurück. Menschen mit einer Psychose haben jedoch Probleme, zwischen der Wirklichkeit und der eigenen, subjektiven Wahrnehmung zu unterscheiden. Eine Psychose ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern der Begriff für verschiedene, oft vorübergehende psychische Zustände, bei denen die Betroffenen die Realität, die Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Halluzinationen, Wahnvorstellungen und schwerwiegende Denkstörungen sind die auffälligsten Krankheitsanzeichen. Diese können auch von starken Ängsten begleitet sein.

 

Je nach Entstehungsursache, Symptomen und ihrer Dauer unterscheiden Mediziner zwei Gruppen von Psychosen: Bei einer primären Psychose lässt sich keine Ursache feststellen. Hierzu zählen beispielsweise die Schizophrenie oder eine manische Phase im Rahmen einer bipolaren Störung. Dagegen kann eine sekundäre Psychose Folge einer organischen Erkrankung, wie z. B. Epilepsie, eines Hirntumors, einer Infektion, Verletzung oder schwerwiegenden Stoffwechselstörung sein. Sie kann auch durch Nebenwirkungen von Medikamenten wie Kortison oder nach Konsum von Alkohol oder Drogen auftreten.

 

Psychosen kommen bei Männern und Frauen relativ häufig vor: Etwa 2–3 Prozent der Bevölkerung leiden daran. Meist beginnt eine psychotische Erkrankung zwischen der Pubertät und dem 35. Lebensjahr. Sie kann sich jedoch in jedem Lebensalter entwickeln. Persönliche Krisen und Umbruchphasen können bei anfälligen Menschen die Wahrscheinlichkeit für eine Psychose erhöhen. Psychotische Zustände können auch bei Hirnerkrankungen wie z. B. Demenz oder bei schweren depressiven und bipolaren Erkrankungen auftreten.

 

Eine Psychose ist eine ernsthafte Erkrankung, die der Betroffene meist nicht aus eigener Kraft bewältigen kann. Auch für Angehörige, Partner und Freunde kann die veränderte Wahrnehmung des Betroffenen sehr belastend sein. Die meisten Psychosen sind heutzutage gut behandelbar.

Diagnostik und Symptome

  • Erst im Nachhinein stellen viele Menschen fest, dass ein ungewöhnliches Verhalten lange vor Ausbruch der Psychose vorlag.

    Eine frühzeitige Diagnostik und Behandlung können den Ausbruch einer Psychose in vielen Fällen verhindern oder ihren Verlauf abschwächen. Im günstigsten Fall erspart dies dem Patienten eine stationäre Behandlung oder einen längeren Krankenhausaufenthalt.

     

    Die Schwierigkeit bei der Früherkennung liegt darin, dass die ersten Krankheitszeichen sehr unspezifisch sind und oft nicht oder erst im Nachhinein mit einer Psychose in Verbindung gebracht werden. Erst im Nachhinein stellen viele Menschen fest, dass ein ungewöhnliches Verhalten lange vor Ausbruch der Psychose vorlag. Hierzu zählen:

     

    • sozialer Rückzug und Antriebslosigkeit
    • abnehmende Lebensfreude und Leistungsfähigkeit
    • Nervosität und Unruhe
    • Schlaf- und Konzentrationsstörungen
    • Ängste oder Depressionen

     

    Später können je nach Art der Psychose und Krankheitsbild folgende Symptome hinzukommen. Sie können in Episoden auftreten und sich mit beschwerdefreien Phasen ablösen:

     

    • Stimmenhören oder andere Halluzinationen (akustisch, visuell oder im Geruchs-, Geschmacks- und Tastsinn)
    • Gefühl der Verfolgung oder Bedrohung (selbst von nahestehenden Personen)
    • Wahnvorstellungen oder realitätsferne Ansichten, z. B. Botschaften aus einer „anderen Welt“ zu empfangen
    • Verschwimmende Grenzen zwischen „Ich“ und Umwelt („Ich-Störungen“) sowie Realitätsverlust
    • Denkstörungen, z. B. sprunghaftes, zerfahrenes Denken

     

    Für eine genaue Diagnostik sollten Betroffene, am besten zusammen mit ihren Angehörigen eine psychiatrische Praxis oder ein spezielles Behandlungszentrum für Psychosen aufsuchen. Der Psychiater wird zunächst Fragen zu verschiedenen Lebensbereichen und Krankheitsanzeichen stellen. Häufig sind auch mehrere Gespräche nötig – vor allem, wenn die Symptome eher unspezifisch sind.

     

    Bei deutlichen Anzeichen einer Psychose erfolgt eine weitergehende Diagnostik. Diese umfasst eine standardisierte psychologische und körperliche Untersuchung, einen Bluttest, ein EKG und EEG sowie bildgebende Untersuchungen des Gehirns.

     

Behandlung

  • Die Behandlungsmöglichkeiten einer Psychose sind vielfältig und richten sich nach der Entstehungsursache.

    Sie werden zudem individuell auf den Patienten abgestimmt. Eine frühzeitige Diagnostik und Therapie sind dabei besonders wichtig.

     

    Auch wenn einige Beschwerden nur schwer zu beeinflussen sind, lassen sich manche Symptome rasch lindern. Dabei zielt die Therapie einer sekundären Psychose vor allem auf die Behandlung der vorliegenden Grunderkrankung bzw. auf den Verzicht von Alkohol und Medikamenten, wenn diese die Psychose ausgelöst haben.

     

    Eine gezielte Therapie kann schwere Störungen und Rückfälle meist vermeiden. Außerdem lassen sich bei rechtzeitiger Hilfe langfristige Folgen wie Vereinsamung und sozialer Abstieg verhindern. Auch die Familie bzw. Bezugspersonen in die Therapie mit einzubeziehen, kann hilfreich für die Beteiligten sein.

     

    Die Behandlung einer Psychose erfolgt ambulant in einer psychiatrischen Praxis bzw. Tagesklinik. In schweren Fällen auch stationär. Sie basiert im Wesentlichen auf zwei Säulen:

     

    Medikamentöse Behandlung: Antipsychotische Medikamente können die Symptome der Psychose unabhängig von ihrer Ursache lindern und Verlauf wie Prognose bessern. Antipsychotika (früher auch als „Neuroleptika“ bezeichnet) wirken rasch gegen die Hauptsymptome Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Auch nach Abklingen der Krankheitszeichen verhindern sie in den meisten Fällen das Wiederauftreten einer Psychose. Die Einnahmedauer ist individuell unterschiedlich. In der Regel erfolgt die medikamentöse Behandlung über mehrere Jahre. Bei wiederholten Episoden kann eine dauerhafte vorbeugende Einnahme notwendig sein. Antipsychotika haben jedoch Nebenwirkungen. Daher ist eine optimale Einstellung der Dosis mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen durch einen Facharzt erforderlich. Moderne atypische Antipsychotika wie Risperidon, Clozapin, Olanzapin, Quetiapin, Ziprasidon oder Aripiprazol haben weniger Nebenwirkungen auf die Körpermotorik, können jedoch den Stoffwechsel beeinflussen. Daher ist stets eine individuelle Abklärung von Nutzen und Risiken wichtig.

     

    Psychotherapie: Bereits in der akuten Krankheitsphase haben psychotherapeutische Gespräche und andere kognitive Psychotherapieverfahren eine wichtige Bedeutung. Sie können dazu beitragen, dass der Betroffene die Krankheit leichter bewältigen kann und sich günstig auf den Verlauf und die Prognose auswirken. Eine psychotherapeutische Behandlung hilft dem Patienten, zur Ruhe zu kommen und die Reizüberflutung einzudämmen. Gleichzeitig kann sie Verunsicherung und Ängsten entgegenwirken. In manchen Fällen verhilft sie dem Patienten auch zur Krankheitseinsicht. Mit Hilfe moderner psychotherapeutischer Verfahren ist es möglich, speziell die Hauptsymptome Wahnvorstellungen und Halluzination zu behandeln. Eine wichtige Rolle spielt auch die Psychoedukation. Hierbei geht es darum, medizinische Fakten so zu übersetzen und zu vermitteln, dass betroffene Patienten und ihre Angehörigen sie gut verstehen können.