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Persönlichkeitsstörungen

 

Die psychischen Eigenschaften und Verhaltensmuster eines Menschen – wie das Denken, die Wahrnehmung, Beziehungsmuster und das Gefühlsleben– machen seine Persönlichkeit aus und verleihen ihm seine individuelle Identität. Bei einer Persönlichkeitsstörung sind diese Eigenschaften so extrem ausgeprägt und nicht an die Erwartungen des sozialen Umfelds angepasst, dass sie die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigen und zu zwischenmenschlichen Konflikten führen können. Für die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung müssen die problematischen Persönlichkeitszüge stabil und langanhaltend vorliegen und bis ins Jugend- oder frühe Erwachsenenalter zurückverfolgt werden können.

 

Persönlichkeitsstörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. In Deutschland leiden etwa 10 Prozent der Bevölkerung daran. Mediziner unterscheiden verschiedene Formen, die in unterschiedlicher Häufigkeit vorkommen. Frauen und Männern sind von Persönlichkeitsstörungen gleichermaßen betroffen.

 

Erste Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung treten meist im späten Jugend- oder frühen Erwachsenenalter auf. Manchmal sind erste Anzeichen bereits in der Kindheit erkennbar. Während das grundlegende Temperament eines Menschen vor allem genetisch bedingt ist, spielen für die Entstehung von Persönlichkeitsstörungen, neben erblichen Faktoren, auch schwierige Erfahrungen und Erlebnisse wie Verluste, Gewalt oder Misshandlung sowie eine ungünstige Eltern-Kind-Beziehung eine Rolle.

 

Da Persönlichkeitsmuster relativ stabil sind, lassen sich die problematischen Eigenschaften kurzfristig nicht verändern. Eine angemessene Therapie kann Patienten jedoch helfen, bewusst mit ihrer Persönlichkeit umzugehen und Alternativen zu ungünstigen Verhaltens- und Konfliktmustern zu entwickeln.

Diagnostik und Symptome

  • Persönlichkeitsstörungen werden in drei Hauptgruppen unterteilt.

    Für die Diagnostik sind umfassende Informationen über die aktuelle Situation und über die Lebensgeschichte des Patienten wichtig. Mit Hilfe von strukturierten und standardisierten Interviews, Fragebögen und Checklisten kann der Psychiater eine erste Einschätzung darüber treffen, ob und welche Art der Persönlichkeitsstörung bei Betroffenen vorliegt. Persönlichkeitsstörungen werden in drei Hauptgruppen unterteilt:

     

    Die Hauptgruppe A umfasst Persönlichkeitsstörungen mit sonderbarem oder exzentrischem Auftreten:

     

    Paranoide Persönlichkeitsstörung: Betroffene zeigen sich misstrauisch, abwartend und befürchten, von anderen ausgenutzt, getäuscht, angegriffen oder verletzt zu werden. Sie reagieren überempfindlich auf Kritik und zeigen in Konflikten übertriebene und unangemessene Reaktionen. Sie gehen zum Gegenangriff über, sobald sie sich benachteiligt oder angegriffen fühlen.

     

    Schizoide Persönlichkeitsstörung: Patienten wirken desinteressiert und distanziert und zeigen nur wenig Emotionen in zwischenmenschlichen Beziehungen. Sie sind typischerweise Einzelgänger, die zurückgezogen leben und Kontakte zu anderen Menschen meiden. Die schizoide Persönlichkeitsstörung ist oft schwer von einer Autismus-Spektrum-Störung abzugrenzen.

     

    Zur Hauptgruppe B zählen Patienten mit dramatischem, emotionalem oder launischem, sprunghaftem Verhalten:

     

    Histrionische Persönlichkeitsstörung: Histrionische Persönlichkeiten sind stark auf Zuwendung, Anerkennung und Aufmerksamkeit von anderen angewiesen. In ihrem Wesen geben sie sich oft extrovertiert, lebenslustig und begeisternd und fallen durch ihre darstellerischen Fähigkeiten auf. Betroffene haben oft einen großen Freundeskreis. Dennoch werden sie von Phasen der Einsamkeit, Unzufriedenheit, Selbstzweifeln und innerer Leere geplagt.

     

    Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Patienten mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung wirken oft anspruchsvoll, arrogant oder überheblich. Das nach außen getragene Selbstbewusstsein täuscht über ein schwaches Selbstwertgefühl hinweg und wirkt als Fassade: In Wirklichkeit sind sie sehr verletzlich und können nur schwer mit Kritik umgehen. Durch ihre hohen Ansprüche haben die Betroffenen oft mit Versagensängsten zu kämpfen.

     

    Emotional instabile Persönlichkeitsstörung (Borderline-Typus): Hier werden zwei Formen unterschieden: Der impulsive Typus ist durch emotionale Instabilität und mangelnde Impulskontrolle gekennzeichnet. Beim Borderline-Typus leiden Betroffene unter zusätzlichen Symptomen. Patienten mit dieser Persönlichkeitsstörung erleben extreme Gefühls- und Stimmungsschwankungen. Sie neigen zu selbstschädigendem Verhalten, reagieren sensibel auf Zurückweisung und fühlen sich innerlich zerrissen und „fremd“.

     

    Dissoziale (antisoziale) Persönlichkeitsstörung: Betroffene neigen zu aggressivem Verhalten und Gewalttätigkeit, missachten soziale Normen und handeln verantwortungslos. Weiterhin fallen sie durch Reizbarkeit, Impulsivität, Unzuverlässigkeit und eine geringe Frustrationstoleranz auf. Dissoziale Persönlichkeiten empfinden bei Routine schnell Langeweile und suchen daher nach Aufregung, Abenteuer und Abwechslung.

     

    In der Hauptgruppe C werden Persönlichkeitsstörungen mit Verhaltensmerkmalen aus dem Bereich der Angststörungen zusammengefasst:

     

    Selbstunsichere Persönlichkeitsstörung: Betroffene sind schüchtern, gehemmt und unsicher und meiden soziale Kontakte aus Angst vor negativer Kritik. Gleichzeitig werden sie von anderen Menschen geschätzt, weil sie sensibel, feinfühlig und rücksichtsvoll sind.

     

    Dependente (abhängige) Persönlichkeitsstörung: Menschen mit dieser Persönlichkeitsstörung haben Schwierigkeiten, eigene Entscheidungen zu treffen und ordnen sich aus Angst, ihre Bezugsperson zu verlieren, häufig unter. Sie sind anhänglich, zuverlässig, hilfsbereit und treu und gelten als gute und zuverlässige Freunde. Sie brauchen ein stabiles Umfeld. Eine veränderte Lebenssituation kann bei ihnen eine psychische Krise auslösen.

     

    Anankastische (zwanghafte) Persönlichkeitsstörung: Menschen mit einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung sind übermäßig ordentlich und korrekt und bemühen sich unverhältnismäßig stark darum, keine Fehler zu begehen. Da sie die eigenen hohen Erwartungen auch an andere stellen, führt dies häufig zu zwischenmenschlichen Konflikten.

     

Behandlung

  • Persönlichkeitsstörungen werden üblicherweise mit Hilfe von psychotherapeutischen Verfahren behandelt.

    Dabei richtet sich das Therapiekonzept nach der jeweiligen Situation des Patienten beziehungsweise dem Schweregrad der Erkrankung. Die Behandlung kann je nach Problematik des Betroffenen und Therapieziel in Einzel- oder Gruppentherapie erfolgen. Für einige Persönlichkeitsstörungen gibt es inzwischen gut wirksame, maßgeschneiderte Behandlungskonzepte. Dies gilt vor allem für die Borderline-, die dissoziale sowie die selbstunsichere Persönlichkeitsstörung.

     

    Ziel der Behandlung sind eine Verringerung der subjektiven Belastung und das Erlernen günstigerer Strategien und bestimmter Kompetenzen in Bezug auf die problematischen Verhaltens- und Konfliktmuster, die je nach spezifischem Störungsbild unterschiedlich sein können.

     

    Liegen weitere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Ängste vor, werden diese mitbehandelt, wobei neben psychotherapeutischen Verfahren auch medikamentöse Therapien zum Einsatz kommen können.