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Essstörungen

 

Essstörungen wie Magersucht oder Essbrechsucht zählen zu den schwerwiegenden psychischen Erkrankungen. Sie verlaufen oftmals chronisch und können starke Auswirkungen auf die psychosoziale und körperliche Entwicklung der Betroffenen haben. In manchen Fällen können Essstörungen lebensgefährlich werden oder sogar tödlich enden. Die Magersucht zählt zu den psychischen Erkrankungen mit der höchsten Sterblichkeitsrate.

 

Mädchen und Frauen entwickeln häufiger eine Essstörung als Jungen und Männer. Der Grundstein hierfür wird oft schon früh gelegt: Nach dem Kinder- und Jugendgesundheitssurvey (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts liegen bei etwa einem Fünftel der 11- bis 17-Jährigen in Deutschland Hinweise auf ein gestörtes Essverhalten vor. Mit zunehmendem Alter erhöht sich der Anteil auffälliger Mädchen. Im Alter zwischen 14 und 17 Jahren zeigt ein Drittel der Mädchen Hinweise auf eine Essstörung. In diesem Alter ist die Gefahr am größten.

 

Wie eine Befragung des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen ergab, haben Model-Casting-Sendungen einen starken Einfluss auf eine Essstörung. Das dort propagierte Schönheitsideal spiegelt nicht die Realität wider. Dadurch können gerade Jugendliche in der Pubertät stark verunsichert werden. Neben dem Schönheitsideal spielt auch die ständige Verfügbarkeit kalorienreicher Nahrung eine Rolle bei der Entstehung einer Essstörung. Aber auch Vererbung, eine geringer Selbstwert oder negative Lebensereignisse wie der Verlust einer Bezugsperson erhöhen das Erkrankungsrisiko.

 

Betroffene sind einer Essstörung nicht hilflos ausgeliefert. Wichtig ist jedoch die Bereitschaft, sich helfen zu lassen. Durch eine möglichst frühzeitige psychotherapeutische Behandlung kann die Erkrankung in vielen Fällen geheilt oder zumindest gebessert werden.

 

Diagnostik und Symptome

  • Es gibt verschiedene Formen von Essstörungen.

    Anorexia Nervosa (Magersucht): Bei einer Anorexia Nervosa schränken die Patienten aus Angst vor einem zu dicken Körper ihre Nahrungsaufnahme ein, und/oder sie treiben exzessiv Sport, um noch weiter abzunehmen. Viele Betroffene nehmen auch Appetitzügler oder Entwässerungsmittel ein, um ihr Körpergewicht zu reduzieren. Dadurch kann es zu starkem Gewichtsverlust oder anhaltendem Untergewicht kommen. Oft entwickeln Magersüchtige auch bestimmte Rituale wie Kalorienzählen, langsames Essen, Kleinschneiden der Nahrung oder Essen nach Zeitplänen. Wichtig zu wissen: Bei einer Magersucht ist die Wahrnehmung des eigenen Körperbilds gestört. Auch bei einem normalen oder sogar gefährlich niedrigen Gewicht nehmen die Betroffenen sich als „fett“ wahr und leiden unter der ständigen Furcht, zu dick zu werden.

     

    Bulimia nervosa (Ess-/Brechsucht, Bulimie): Das Hauptsymptom der Bulimie sind regelmäßige Essanfälle. Im Gegensatz zur Magersucht nehmen Bulimie-Erkrankte große Mengen kalorienreicher Nahrung zu sich, die sie kurze Zeit später wieder durch selbst herbeigeführtes Erbrechen oder Einnahme von Abführmitteln ausscheiden. Bei einer Ess-/Brechsucht haben die Patienten das Gefühl, nicht mehr mit dem Essen aufhören zu können und verlieren die Kontrolle über die Nahrungsaufnahme. Wechseln sich die Essanfälle mit extremen Diäten ab, kann es zu starken Gewichtsschwankungen kommen. Wie bei der Magersucht leiden auch Bulimie-Erkrankte unter einer gestörten Körperwahrnehmung, nehmen sich also als zu dick wahr und haben Angst vor einer Gewichtszunahme.

     

    Übermäßiges Essen (Binge Eating Disorder): Bei der Binge Eating-Störung (englisch „Binge“ = Gelage, Orgie“) nehmen Betroffene ebenfalls innerhalb kurzer Zeit große Mengen an Nahrungsmitteln zu sich, jedoch ohne sie wie Bulimie-Kranke zu erbrechen. Das Hunger- und Sättigungsgefühl entspricht dabei nicht dem tatsächlichen Bedarf des Körpers an Kalorienaufnahme. Die Patienten schaffen es jedoch nicht, ihr Essverhalten zu kontrollieren. Die Binge Eating Disorder wird auch psychogene Adipositas genannt, weil die meisten Betroffenen durch die übermäßige Nahrungsaufnahme übergewichtig oder stark übergewichtig (adipös) werden.

     

    Häufig sind es die Angehörigen, die erste Anzeichen einer Essstörung wie eine starke Gewichtszunahme erkennen, während Betroffene die Krankheit meist abstreiten. Wichtig ist, den Verdacht ernst zu nehmen und eine Essstörung abklären zu lassen. Bei Kindern und Jugendlichen sind Fachärzte für Kinder- und Jugendheilkunde sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie erste Ansprechpartner, bei Erwachsenen Psychiater oder auch der Hausarzt. Der Arzt wird im Rahmen der Anamnese den Body-Mass-Index (BMI) ermitteln sowie nach dem Essverhalten, sozialen Umfeld und der psychischen Verfassung des Patienten fragen. Zusätzlich wird er andere Erkrankungen und Störungen wie eine Speisenröhrenentzündung, Zöliakie, Morbus Crohn, eine Schilddrüsenüberfunktion oder Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Tumorerkrankungen ausschließen.

Behandlung

  • Je früher die Therapie beginnt, desto größer sind die Erfolgsaussichten.

    Essstörungen sind ernsthafte Erkrankungen, die wegen der schwerwiegenden körperlichen und psychischen Folgen für den Betroffenen unbedingt behandelt werden müssen. Je früher die Therapie beginnt, desto größer sind die Erfolgsaussichten. Ziel der Behandlung ist es, dass die Patienten wieder ein gesundes Essverhalten erlernen und dieses beibehalten.

     

    Je nach Symptomatik, Lebenssituation und Motivation des Erkrankten erfolgt die Behandlung ambulant, stationär oderteilstationär (z. B. in einer Tagesklinik). Dabei sollte der behandelnde Therapeut über fundiertes Wissen und ausreichend Erfahrungen im Bereich Essstörungen verfügen.

     

    Den Schwerpunkt der Behandlung bildet die Psychotherapie. Der Therapeut unterstützt die Betroffenen dabei, ihr Essverhalten und Gewicht zu normalisieren und sich die dahinterliegenden psychischen Probleme zu erkennen und zu bearbeiten. Vor allem bei minderjährigen Patienten ist es sinnvoll, die Angehörigen zumindest zeitweise in die Therapie mit einzubeziehen.

     

    In seltenen Fällen kann auch eine ergänzende medikamentöse Behandlung erfolgen. So können bestimmte Antidepressiva (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, SSRI) bei Bulimie helfen, den Essdruck zu senken und so die psychotherapeutische Behandlung sinnvoll ergänzen.