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Dissoziative Identitätsstörung

 

Vielen ist die dissoziative Identitätsstörung (DIS) noch unter der Bezeichnung „multiple Persönlichkeitsstörung“ bekannt. Dieser Begriff ist zurückzuführen auf die Komplexität, die das Krankheitsbild aufweist: Betroffene erleben sich oft so, als gäbe es mehrere verschiedene Charaktere in ihnen, die Ihr Handeln und Empfinden aktiv steuern können. Die Begründung der Umbenennung beruht darauf, dass es sich bei der DIS nicht um eine klassische Persönlichkeitsstörung handelt, sondern die Dissoziation, also die Abspaltungen von der eigenen Persönlichkeit, im Vordergrund steht.

 

Im Juni 2019 wurde die DIS offiziell als Diagnose anerkannt und in dem Diagnostikmanual ICD-11 aufgenommen. Laut dem Manual bestehen bei Betroffenen verschiede Persönlichkeitszustände, die das Erleben und Wahrnehmen von sich selbst, dem eigenen Körper und der Umwelt beeinflussen. Menschen, die an von einer DIS betroffen sind, berichten häufig von erheblichen Erinnerungslücken. Jede Identität verfügt über eine eigene Wahrnehmung und Erinnerung, was im Alltag dazu führen kann, dass wichtige persönliche Informationen oder Erlebnisse vergessen werden.

 

Die Erkrankung tritt bei etwa 0,5–1 Prozent der Gesamtbevölkerung auf. 5 Prozent sind es in stationären psychiatrischen Patientenpopulationen. Frauen und Männer sind weitestgehend gleich häufig davon betroffen.

 

Eine DIS entwickelt sich meist durch schwere oder chronische Traumatisierungen wie beispielsweise körperliche, sexuelle und/oder emotionale Gewalt. Auch die Vererbung sowie frühkindliche Erfahrungen können eine Rolle dabei spielen, ob ein Mensch eine dissoziative Identitätsstörung entwickelt.

Diagnostik und Symptome

  • Wichtig ist eine umfassende und gründliche Diagnostik durch einen Psychiater oder Psychotherapeuten.

    Die Diagnostik von Betroffenen geht oft mit einer umfangreichen Prozessdiagnostik einher, da die Symptome oft mit anderen psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden und somit häufig erst spät erkannt werden. Eine erste Abgrenzung zu anderen Erkrankungen, wie beispielsweise der Borderline-Persönlichkeitsstörung, ist daher essenziell.

     

    Um die dissoziative Symptomatik umfassend zu beschreiben und erkennen, werden meist strukturierte Interviews verwendet, die systematisch verschiedene Symptome abfragen. Es gibt einige gut fundierte Fragebögen zur Selbst- und Fremdbeurteilungen von DIS-Erkrankungen.

     

    Wie bei vielen psychischen Erkrankungen ist es außerdem wichtig, eine organische Ursache für die Symptome auszuschließen. Darunter zählen beispielsweise Gehirntumore genauso sowie Epilepsie oder Migräne.

Behandlung

  • Eine individuelle Behandlung kann die Lebensqualität von Betroffenen deutlich verbessern.

    Eine sensible, störungsspezifische und individuelle Behandlung kann die Lebensqualität von Menschen, die von einer DIS betroffen sind, maßgeblich verbessern. Die bestehenden Behandlungsleitlinien empfehlen eine konkrete Phasenbehandlung in drei Schritten.

     

    Schritt 1

    Nach einer genauen Diagnostik wird im ersten Behandlungsschritt der Fokus auf Stabilisierung und Sicherheit gelegt. Besonders Bindungsverletzungen sowie Probleme beim Vertrauen und Wahrnehmungsverzerrungen werden psychotherapeutisch besprochen. Ziel ist eine Verhaltensstabilisierung und die Verbesserung im Umgang mit eigenen Gefühlen und Erinnerungen. Psychoedukation ist hierbei genauso wichtig wie kognitiv-behaviorale Interventionen, um gute und gesunde Strategien im Umgang mit Dissoziationen, posttraumatisches Wiedererleben sowie selbstschädigende Handlungen und anderen dysfunktionalen Verhaltensweisen zu erlernen.

    Auch eine medikamentöse Begleitung der Therapie wird oft angeraten, um Komorbidität, wie beispielsweise Schlafstörungen, entgegenzuwirken und Intrusionen und Flashbacks zu reduzieren.

     

    Schritt 2

    Wenn Betroffene Stabilität gewonnen haben, wird im zweiten Behandlungsschritt die Aufarbeitung der posttraumatischen Erinnerungen eingeleitet. Hierbei wählen die behandelnden Personen individuelle Konfrontationsverfahren, die auf das Erleben der Betroffenen zugeschnitten sind.

     

    Schritt 3

    Im letzten Schritt liegt der Fokus auf einer Umorientierung hin zu gesunden Lebensperspektiven. Dazu gehört beispielsweise der Aufbau neuer Beziehungen und Strategien für emotional herausfordernde Situationen.