Pressemitteilungen 2015
Kongress mit über 2000 Experten – Themendossier mit Hilfestellung für Eltern
Veränderte Gesellschaft - Veränderte Familie
lautet der
programmatische Titel des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für
Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), der vom
4. bis 7. März in München stattfindet.
Über 2000 Experten wollen dort die gesellschaftlichen Veränderungen, Herausforderungen und Verantwortungen für die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland diskutieren. Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit veröffentlicht zu diesem Anlass ein Themendossier mit Praxistipps und Handlungshilfen für betroffene Eltern und Erziehungsberechtigte.
Angesichts steigender Zahlen ambulanter und stationärer Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen stellt sich die Frage, welche sozialen Veränderungen haben in den letzten Jahrzehnten stattgefunden, die die hohe Erkrankungsrate erklären können. Verlaufsstudien belegen, dass gut ein Fünftel aller Heranwachsenden psychische Auffälligkeiten zeigen und ca. zehn Prozent der sieben bis 17jährigen in Deutschland an einer psychischen Störung leiden – seien es Essstörungen, Angsterkrankungen, Depressionen, Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörungen oder Suchterkrankungen. Deutlich zugenommen haben auch die akuten Notfallbehandlungen, insbesondere wegen Suizidversuchen und Alkoholexzessen von Jugendlichen.
Wo liegen die Risiken für die Entstehung solcher Krisen? Wachsender
Leistungsdruck in der Schule, Mobbing-Erfahrungen, gesteigerter Medienkonsum bei
gleichzeitig überforderten Eltern, die Beruf und Familie kaum noch vereinbaren
können – all das kann mit dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche
seelisch aus dem Gleichgewicht geraten. Vizekanzler Sigmar Gabriel prägte kürzlich
das Schlagwort von der gehetzten Generation
und setzte das Thema der
gestressten Eltern und familienfeindlichen Arbeitsbedingungen auf die Agenda der
SPD Familienpolitik. Zu dieser Generation zählen die Mütter und Väter, die in
ihrem Beruf erfolgreich sein und gleichzeitig für sich, ihre Kinder und häufig
noch für die eigenen Eltern sorgen müssen. Dauerstress und Konflikte in der
Familie sind da vorprogrammiert.
Eine steigende Zahl von Heranwachsenden erleben die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern meist mit nachhaltigen emotionalen und sozialen Folgen. Die aktuellen Ergebnisse des KIGGS-Survey des Robert-Koch-Instituts zeigen ein ansteigendes Risiko für Kinder und Jugendliche, an einer psychischen Störung zu erkranken, je größeren familiären Belastungen sie ausgesetzt sind. Deshalb fordert Prof. Christine Walper, Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts in München, eine interdisziplinäre Forschungsperspektive und nachhaltige Unterstützung für diese Familien, um das Risiko für die Kinder, an dem ständigen Elternkonflikt zu zerbrechen und psychisch zu erkranken, zu minimieren.
Je früher professionelle Hilfe gesucht wird, umso besser die Prognosen. Für
die Therapie sind Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie
Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche zuständig. Ziel einer Therapie
ist es, ein Problembewusstsein zu entwickeln, das Selbstbewusstsein des
Jugendlichen zu stärken und gemeinsam mit ihm Bewältigungsstrategien zu
erarbeiten
, sagt Dr. Gundolf Berg, Vorsitzender des Berufsverbandes für
Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP). Jede
Behandlung ist immer auch Familientherapie und wird vernetzt mit
Ergotherapeuten, Logopäden, Erziehungsberatungsstellen, Schulen und Jugendamt. Die
Eltern werden immer in die Therapie mit einbezogen, sind aber nicht bei jedem
Termin dabei
, so Dr. Berg.
Um Eltern und Erziehungsberechtigte präventiv zu unterstützen und mögliche Warnzeichen für psychische Fehlentwicklungen bei Jugendlichen besser zu erkennen, hat das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ein Themendossier mit Praxistipps und Handlungshilfen erstellt. Nicht jede Stimmungsschwankung ist ein Grund zur Sorge, doch wenn Jugendliche nicht mehr am Alltag teilnehmen, sich extrem zurückziehen oder über längere Zeit nicht mehr zur Schule gehen möchten, sind das Alarmzeichen. Der Kinderarzt, schulpsychologische Beratungsstellen oder andere kommunale Erziehungs-, Familien-, Jugend-, Mädchen-, Essstörungs- oder Drogenberatungsstellen können erste Anlaufpunkte sein. Ausführliche Informationen und Serviceadressen finden Sie im Themendienst. :
Das Themendossier zum Thema Psychische Erkrankungen bei Jugendlichen
finden Sie hier
oder als Download unter:
2015-02-16-psychische-erkrankungen-bei-jugendlichen.pdf
(177.44 KB)
Download: pm15-02-themendienst-sychische-erkrankungen-bei-kindern-und-jugendlichen.pdf (149.12 KB)
Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ist eine bundesweite Initiative, gefördert vom Bundesministerium für Gesundheit. Zu den rund 80 Mitgliedsorganisationen zählen die Selbsthilfeverbände der Betroffenen und Angehörigen von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie Verbände aus den Bereichen Psychiatrie, Gesundheitsförderung und Politik. Gemeinsam setzen wir uns für einen offenen und toleranten Umgang mit Menschen mit psychischen Erkrankungen und den Abbau von Stigmatisierung und Diskriminierung in der der Gesellschaft ein. Initiiert wurde das Bündnis 2006 von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) gemeinsam mit Open the doors als Partner des internationalen Antistigma-Programms.
Aktionsbündnis Seelische Gesundheit
Astrid Ramge
Projektkoordination